Wie New Work die Arbeitswelt von morgen neu definiert
Die Digitalisierung, die zunehmende Komplexität der Aufgaben und sich verändernde Kundenwünsche sind die hauptsächlichen Treiber, die zu einem tiefgreifenden Wandel innerhalb der Arbeitswelt führen. Alle Branchen und Unternehmensbereiche sind mit gravierenden Veränderungen konfrontiert, die sich massiv auf die Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten auswirken. Es wird erwartet, dass bis Ende 2023 rund 2,4 Millionen Erwerbstätige in Schlüsselqualifikationen wie agiles Arbeiten, digitales Lernen oder Kollaborationstechniken befähigt werden müssen. Laut einer Rundstedt-Studie unter 540 Personalverantwortlichen haben derzeit aber nur 4 Prozent der Befragten ein strukturiertes Kompetenzmanagement im Einsatz. Eine besondere Herausforderung liegt dabei in der Definition der benötigten Future Skills.
Unternehmen müssen also aktiv werden, um dem steigenden Transformationsdruck frühzeitig begegnen zu können. Es gilt, die bisherigen Strategien und Vorgehensweisen auf den Prüfstand zu stellen. Denn anders als bei der technologischen Transformation wird es bei der Workforce-Transformation sehr viel länger dauern, die bestehende Situation zu verändern.
Von der Wachstums- zur Postwachstumsgesellschaft
Wir befinden uns im Übergang von einer kapitalistisch geprägten Wachstumsgesellschaft zu einer stärker wertebasierten Postwachstumsgesellschaft. Hier stehen weniger solche Werte im Vordergrund, die an harte Faktoren wie Einkommenshöhe und Status gekoppelt sind, sondern vielmehr weiche Faktoren wie Sinnhaftigkeit, Gestaltungsmöglichkeiten und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Die rationale Leistungsgesellschaft des Industriezeitalters mit Überstunden, Konkurrenzkampf und Präsenzzeiten hat sich zunehmend als nicht zukunftsfähig erwiesen. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub fördert neue Arbeitsstrukturen, die von Work-Life-Blending, Kollaboration und Remote Work geprägt sind. Unternehmenskulturen werden somit agiler und adaptiver, während Mitarbeitende sich stärker als Problemlöser für gesellschaftliche Zukunftsaufgaben sehen.
Digital Literacy als das neue „Normal“
Die Digital Literacy von Unternehmen ist in den letzten Jahren durch den verstärkten Einsatz von Tools zur Kommunikation, zum Projekt- und Wissensmanagement steil nach oben geschnellt. Dabei setzen immer mehr Unternehmen auch auf den Einsatz von anwenderfreundlichen Automatisierungstools (Low Code/No Code) sowie Künstlicher Intelligenz (KI). Gerade bei standardisierten Tätigkeiten arbeiten Maschinen inzwischen deutlich zuverlässiger und produktiver. Durch Automatisierung und KI werden somit künftig vor allem repetitive und unkreative Jobs ersetzt, die für Menschen ohnehin wenig erfüllend waren. Empathie, Intuition und Kreativität dagegen sind Eigenschaften, die von Maschinen nicht ersetzbar sind – und die für die Zukunft von erfolgreichen Unternehmen essenziell sind.
Zukunftsfähigkeit durch Resilienz statt Effizienz
Unsere aktuelle Wirtschafts- und Wohlstandsideologie basiert auf einer permanenten Optimierung und Effizienzsteigerung. Auf der Suche nach immer mehr Produktivität werden ausgefeilte Planungs-, Budgetierungs- und Produktionsmodelle ins Leben gerufen und Heerscharen von Mitarbeitenden dafür abgestellt. Business Operations Experten, ISO-9000-Champions und Six-Sigma-Blackbelts sind damit beauftragt, durch Perfektion des bisherigen Vorgehens die Zukunftsfähigkeit abzusichern.
Dieses Effizienzstreben lässt sich auf Dauer aber nur in relativen stabilen Systemen aufrechterhalten. Unsere aktuelle Welt hingegen ist aber zunehmend durch Volatilität, Unsicherheit und Dynamik gekennzeichnet. Letztlich gelangt die Organisation an einen Punkt, an dem die Komplexität mit hergebrachten Methoden nicht mehr beherrschbar ist. Dann braucht es nicht noch mehr Daten, noch mehr Reportingstrukturen oder ein noch filigraneres Controlling, sondern vielmehr eine zuversichtliche Denk- und Handlungsweise im Umgang mit Unsicherheit und Risiko. Resilienz lässt sich nicht durch ständige Leistungssteigerung erreichen. Zukunftssicherheit hängt auch von scheinbar unnötigem Überfluss ab, von Zwischenlagern, Umwegen, Leerlauf, Redundanzen. Von Vielfalt statt permanenter Verschlankung.
51 Prozent der befragten Personalverantwortlichen nennen daher auch „Veränderungsbereitschaft, Flexibilität und Adaptionsfähigkeit“ als diejenigen Fähigkeiten, bei denen die Beschäftigten den größten Entwicklungsbedarf haben, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werten.
Implementierung eines strategischen Kompetenzmanagements
Unternehmen müssen schnellstmöglich in ein strategisches Kompetenzmanagement investieren und Tools einsetzen, die es ihnen ermöglichen, Personaldaten zu analysieren und einen permanenten Abgleich von vorhandenen und benötigten Kompetenzen durchzuführen. Aktuell haben nur vier Prozent der Studienteilnehmer etwa eine Skill-Matching-Software im Einsatz. Eine besondere Herausforderung liegt dabei in der Definition der benötigten Future Skills. Die Identifikation solcher Schlüsselqualifikationen darf zukünftig aber nicht mehr allein der Personalabteilung überlassen bleiben. Die Zeit homogener und standardisierter Personalentwicklungsprogramme ist vorrüber und es gilt viel individueller zu bestimmen, wer zukünftig für welche Aufgaben mit welchen Fähigkeiten ausgestattet werden muss.
Das bedarf aber eben auch einer individuellen Analyse, d.h. die Identifikation zukünftiger Aufgaben und Fähigkeiten wird zur Führungsaufgabe. Denn nur die Führungskräfte selbst sind meist nah genug dran, um die Veränderungen im Arbeitsalltag überhaupt bewerten zu können und auf dieser Basis neue Aufgabenbeschreibungen definieren zu können. Aber auch das will erst einmal gelernt sein. Die Qualifikation von Führungskräften in der Definition neuer Aufgabenfelder, der Arbeitsplatzgestaltung und neuer Kollaborationsmodelle steht somit am Anfang eines umfassend neu aufzusetzenden Kompetenzmanagements. Denn erst auf dieser Basis lässt sich eine zukunftsorientierte Identifikation von relevanten Fähigkeiten und Schlüsselqualifikationen vornehmen.
Neue Formen der Mitarbeiterqualifizierung
83 Prozent der Studienteilnehmer qualifizieren ihre Beschäftigten vornehmlich mithilfe von Seminaren und Trainings. Die befragten HR-Experten sind sich jedoch einig: Um die Beschäftigten in Sachen Veränderungs- und Adaptionsfähigkeit, IT-Anwenderkenntnisse und agiles Arbeiten nachhaltig fit zu machen, braucht es innovative Qualifizierungskonzepte, die auf Blended-Learning-Elemente setzen. Individuelle Wissens-Nuggets, die jederzeit an den persönlichen Bedarf anpassbar sind und einen direkten Bezug zum Arbeitsplatz haben, sind die Zukunft.
Aber nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch das Lernen selbst verändert sich grundlegend und schnell im Kontext der Digitalisierung. Grundvoraussetzung für eine gelungene und zukunftsfähige Gestaltung von digitalem Lernen ist daher auch ein entsprechendes modernes und gemeinsames Lernverständnis, mit einer lernoffenen Grundhaltung. Die sogenannte „Lernende Organisation“ definiert Lernen als integrierten Bestandteil der Arbeits- und Alltagswelt. In individuellen Lernumgebungen, die Arbeitgeber und Mitarbeiter gemeinsam gestalten, findet Lernen und Lehren selbstbestimmt und eigenverantwortlich unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regularien statt.